Nutzung Schweizer Firmenwagen in Deutschland – Vorsicht Stolperfallen
18. April 2019Unternehmen stellen vor allem Vertriebsmitarbeitern regelmäßig Firmenwagen zur Verfügung. Problematisch wird diese Praxis bei vorwiegend im Ausland tätigen Mitarbeitern, sofern dort keine Betriebsstätte unterhalten wird. Sind diese Mitarbeiter in Deutschland wohnhaft und auch dort für ihren Schweizer Arbeitgeber tätig, wird das Fahrzeug vorwiegend dort genutzt. Hier ergeben sich verschiedene zoll- und steuerrechtliche Fragestellungen, die in der Praxis häufig übersehen werden. Bleiben gesetzliche Vorschriften unbeachtet, drohen unangenehme Folgen.
Zollrechtliche Vorgaben bei Privatnutzung des Firmenwagens in Deutschland
Pflicht zur Verzollung bei Privatnutzung
Die Europäische Kommission hat mit Wirkung zum 1. Mai 2015 die Vorschrift über die vorübergehende Verwendung von Firmenfahrzeugen vom Arbeitgeber mit Sitz im Zollausland (Schweiz) im Zollgebiet der Europäischen Union angepasst. Seither ist die unverzollte Nutzung dieser Firmenfahrzeuge durch EU-Bürger in einem EU-Land nur noch für folgende Fahrten zulässig:
- Fahrten zwischen Arbeitsplatz und Wohnort des Mitarbeiters
- Fahrten zur entgeltlichen Beförderung von Personen oder Waren
- Fahrten zur Erledigung von Aufgaben, welche durch den Arbeitsvertrag geregelt sind
Die Fahrten dürfen dabei ausschließlich durch den Arbeitnehmer selbst erfolgen. Die – ohnehin schon beschränkte – private Nutzungsmöglichkeit (Wege vom Arbeitsplatz zum Wohnort) muss zudem ausdrücklich im Arbeitsvertrag geregelt sein Als Nachweis ist eine Kopie des Arbeitsvertrages ständig im Fahrzeug mitzuführen. Wir empfehlen, die Mitarbeiter in einschlägigen Fällen auf diese Verpflichtung aufmerksam zu machen und die Schwärzung nicht relevanter Abschnitte des Arbeitsvertrags auf der mitgeführten Kopie (nicht nur) aus Datenschutzgründen anzuweisen. Eine darüber hinaus gehende private Nutzung des Firmenfahrzeugs (z. B. private Einkäufe oder Ausflüge) ist unverzollt unzulässig. Verwaltungsräte sind im Normalfall nicht bei Unternehmen angestellt. Für diese entfällt daher jede Möglichkeit ein Schweizer Firmenfahrzeug unverzollt in einem EU-Land zu nutzen. Gleiches gilt für Gesellschafter, wenn diese nicht bei ihrem eigenen Unternehmen angestellt sind. Sollen mit einem Schweizer Firmenwagen in Deutschland unzulässige Fahrten durchgeführt werden, ist eine zollrechtliche Überführung in den freien Verkehr vorzunehmen. Ein Verstoß gegen diese Vorschriften kann straf- oder bußgeldrechtlich geahndet werden. Sofern das Fahrzeug innerhalb Europas hergestellt wurde, gilt es als Gemeinschaftsware. Auf Gemeinschaftsware wird innerhalb der EU kein Zoll erhoben. Die Einfuhr des Fahrzeugs führt deshalb zu keiner Zollfestsetzung. Hierfür muss lediglich ein Präferenznachweis mit einem sogenannten Ursprungszeugnis geführt werden. Diese können online bei der jeweiligen Schweizer Industrie- und Handelskammer beantragt werden (www.eorigin.ch). Wurde das Fahrzeug außerhalb eines EU- oder EFTA-Landes hergestellt, wird auf den Import des Fahrzeugs Zoll erhoben. Bemessungsgrundlage ist der Wert, der nach zollrechtlichen Vorschriften zu ermitteln ist. Der Zollwert entspricht grundsätzlich dem Zeitwert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Einfuhr. Zölle stellen eine endgültige Belastung dar und sind anders als die Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer abzugsfähig.
Zollabwicklung
Für die Ausfuhr muss in der Schweiz eine Ausfuhranmeldung erfolgen. Diese kann über eine kostenlose Web-Applikation elektronisch durchgeführt werden (https://e-dec-web.ezv.admin.ch). Nach Überqueren der Schweizer Grenze ist das Fahrzeug beim ersten Zollamt der EU anzumelden. Sollte die Schweiz über Österreich verlassen werden, ist die Zollanmeldung am Grenzzollamt Österreich durchzuführen. Mit dieser Anmeldung (Deklaration) erhält der Einführer einen Transitschein. Dieser berechtigt zum Durchqueren Österreichs auf dem Weg nach Deutschland. Mit diesem Transitschein muss sich der Einführer bei seinem für seinen Wohnsitz zuständigen Zollamt melden, um den Zollvorgang abzuschließen. 1 Alternativ zur persönlichen Zollanmeldung, welche von den Öffnungszeiten der Zollämter abhängig ist, kann die Einfuhr auch elektronisch mit dem ATLAS Verfahren angemeldet werden.
Fahrzeugpaket
Sie wohnen im Ausland und arbeiten in der Schweiz – oder umgekehrt. In diesem Fall stellen sich Ihnen Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung von Ihrem Privatfahrzeug oder dem Firmenfahrzeug im anderen Land. Unser Fahrzeugpaket gibt Ihnen Antworten auf diese Fragen.
→ Übersichtsblatt mit den häufigsten Fällen
→ 1 Stunde Beratungs-Call
Umsatzsteuerliche Folgen
Einfuhrumsatzsteuer
Die Einfuhrumsatzbesteuerung ist abhängig vom zollrechtlichen Status des Fahrzeugs. Wird eine zollrechtliche Überführung in den freien Verkehr notwendig, so ist zwingend Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten – und zwar unabhängig davon, ob Zoll erhoben wird oder nicht. Die Privatnutzung des Firmenfahrzeugs in Deutschland löst daher zwangsläufig Einfuhrumsatzsteuer aus. Die Einfuhrumsatzsteuer entsteht zeitgleich mit den Zollabgaben und wird von den Zollbehörden in einem Bescheid mit dem Zoll erhoben. Die Höhe der Einfuhrumsatzsteuer richtet sich nach dem Zollwert zuzüglich eines etwa angefallenen Einfuhrzolls. 2 Die Einfuhrumsatzsteuer kann jedoch bei korrekter Umsetzung der umsatzsteuerlichen Vorgaben in Deutschland als Vorsteuer abgezogen werden, da das Fahrzeug zu einem unternehmerischen Zweck nach Deutschland eingeführt wird (siehe nachfolgend). Nach aktueller EuGH-Rechtsprechung entstehen Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzugsanspruch zeitgleich. Damit kann eine tatsächliche Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer in aller Regel vermieden werden. Vorsicht bei Leasingfahrzeugen: Nach aktuellem Recht hat allein der wirtschaftlich Verfügungsberechtigte (in diesem Fall die Leasinggesellschaft) das Recht auf den Vorsteuerabzug, da nur die Leasinggesellschaft das Fahrzeug nach Grenzübertritt verkaufen könnte und sich das Fahrzeug in deren Betriebsvermögen befindet. Die zollrechtliche Abwicklung ist somit durch die Leasinggesellschaft zu veranlassen. In Absprache und Vertretung der Leasinggesellschaft kann auch der Leasingnehmer (z. B. das Schweizer Unternehmen) die zollrechtliche Überführung durchführen. Die direkte zollrechtliche Stellvertretung ermöglicht es, dass der Anmelder (Leasingnehmer) nicht Schuldner des Zolls und somit der Einfuhrumsatzsteuer wird. Der Anmelder handelt als Vertreter im Namen und auf Rechnung des Vertretenen (Leasinggesellschaft), diese ist dann zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Laufende umsatzsteuerliche Folgen in Deutschland
Die Überlassung des Fahrzeuges an den Arbeitnehmer für private Fahrten gilt umsatzsteuerlich als Vermietungsleistung des Arbeitgebers. Gegenleistung ist die Arbeitskraft des Arbeitnehmers. Damit erbringt der Schweizer Arbeitgeber innerhalb Deutschlands eine umsatzsteuerpflichtige Leistung. Als steuerliche Bemessungsgrundlage dient der steuerliche Nutzungswert nach der 1 %-Methode. Dabei ist monatlich 1 % des deutschen Brutto-Listenpreises (einschließlich der deutschen Umsatzsteuer i. H. v.19 %) des Fahrzeugs als privater Nutzungsvorteil zu versteuern. Alternativ können die durch die Privatnutzung tatsächlich entstandenen Kosten anhand der Fahrtenbuchmethode nachgewiesen werden. Allerdings werden strenge Anforderungen zur steuerlichen Anerkennung an das Fahrtenbuch geknüpft, welche zwingend zu beachten sind. Die Steuerpflicht führt zur umsatzsteuerlichen Registrierungspflicht des schweizerischen Arbeitgebers in Deutschland. Zuständig ist das Finanzamt Konstanz. 3 Nach der Registrierung sind monatliche Umsatzsteuervoranmeldung, sowie jährlich Umsatzsteuerjahreserklärung abzugeben. Die Vermeidung der steuerlichen Registrierung des Schweizer Unternehmens in Deutschland durch Bestellung eines Fiskalvertreters ist nicht möglich. Allerdings führt eine steuerliche Vertretung durch einen in Deutschland ansässigen Steuerberater, welcher auftragsgemäß die Registrierung durchführt und die steuerlichen Pflichten erfüllt, zur Verfahrenserleichterung.
Zulassung und deutsche Kfz-Steuer
Das in den freien Verkehr überführte Fahrzeug muss in Deutschland nicht zwangsläufig auch zugelassen werden. Die Zulassungsverpflichtung ist unabhängig von den zollrechtlichen Vorschriften und muss daher jeweils gesondert geprüft werden. Ein in der Schweiz zugelassenes Fahrzeug darf nach § 20 Abs. 2 Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) bis zu einem Jahr in Deutschland ohne Umschreibung am Verkehr teilnehmen. Diese Regelung gilt jedoch nur solange der regelmäßige Standort des Fahrzeuges nicht in Deutschland liegt. Da der regelmäßige Standort des Fahrzeugs bei einem in Deutschland wohnhaften und tätigen Arbeitnehmer jedoch in aller Regel auch in Deutschland liegen wird, ist das Fahrzeug unverzüglich nach Grenzübertritt in Deutschland zuzulassen und mit deutschem Kennzeichen zu führen. Die zuständige Zulassungsstelle finden Sie auf der Homepage des Kraftfahrtbundesamtes 4. Es ist deutsche Kfz-Steuer zu entrichten.
Fazit
Die Nutzung eines Schweizer Firmenwagens über die Grenzen hinweg ist im Vorfeld bewusst hinsichtlich der zollrechtlichen Bestimmungen zu prüfen. Die Folgen einer dauerhaften Nutzung des Fahrzeugs in Deutschland sind im Vorfeld abzuwägen und zu planen. Es gilt Maßnahmen zu ergreifen, um etwaige straf- oder bußgeldrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Quellen: https://www.handelskammerjournal.ch/teil-1-nutzung-schweizer-firmenwagen-in-deutschland-zoll / https://www.handelskammerjournal.ch/teil-2-nutzung-schweizer-firmenwagen-in-deutschland-umsatzsteuer
Das könnte Sie auch interessieren: Firmenwagen – News dazu!, Doppelwohnsitz – Umgang mit DBA, Grenzgänger im Home-Office, Doppelwohnsitz Deutschland-Schweiz
Ihr Ansprechpartner bei der cmt ag
Dominik Baldegger
Eidg. dipl. Treuhandexperte
Registrierter Revisor
Telefon direkt +41 71 788 08 02
dominik.baldegger@cmt.ch