Praxisbeispiel Hauptleistung / Nebenleistung bei werkvertraglichen Lieferungen

Praxisbeispiel Hauptleistung / Nebenleistung bei werkvertraglichen Lieferungen

14. Juni 2019

Hauptleistung / Nebenleistung bei werkvertraglichen Lieferungen – interessantes Praxisbeispiel aufgrund der neuen Praxisfestlegung der ESTV vom Dezember 2018

Das Unternehmen Müller GmbH, ist ein deutsches Unternehmen für Schwermontagen und innerbetriebliche Transporte und arbeitet hauptsächlich für Pressenhersteller als Dienstleister. Das Unternehmen erzielt einen weltweiten Umsatz von ca. EUR 2.5 Mio. pro Jahr.

Nun hat die Müller GmbH von der in Deutschland ansässigen Firma Lutz AG einen Auftrag als Subunternehmer erhalten, eine Presse zu einer Firma in der Schweiz zu liefern. Der Auftrag umfasst das Entladen der Schwerteile vom Tieflader, deren Einbringung in die Halle und das Zusammensetzen der Schwerteile (Grobmontage). Für den ganzen Auftrag setzt Müller GmbH drei Mitarbeiter während 3 – 4 Wochen ein. Die Lutz AG begleitet die Arbeiten vor Ort mit einem Baustellen-/Montageleiter sowie eigenen Monteuren und führt den Zusammenbau der Presse mit der Feinmontage und Inbetriebnahme zu Ende.

Die Firma Müller GmbH fragt nun bei der ESTV an, ob Ihre Montageleistungen als Nebenleistung im Sinne von Art. 19 Abs. 4 MWSTG zur von der Lutz AG erbrachten Montageleistung qualifiziert wird bzw. ob vorliegend die neue Praxis betreffend Montageleistungen für das Unternehmen anwendbar ist und die Müller GmbH sich daher nicht im Register der mehrwertsteuerpflichtigen Personen eintragen lassen muss.

Dazu teilt die ESTV Folgendes mit:

Im vorliegenden Fall gilt es zwischen zwei eigenständigen Leistungsverhältnissen zu unterscheiden:

  • Müller GmbH und Lutz AG betreffend die Beförderung einer Presse von Deutschland in die Schweiz inklusive deren Entlad, Einbringen in die Halle und Zusammensetzung der Schwerteile (Grobmontage).
  • Die Lutz AG und die Schweizer Firma betreffend die Lieferung und die Montage einer Presse in der Schweiz.

Die Müller GmbH erbringt folglich in eigenem Namen und auf eigene Rechnung Leistungen gegenüber der Lutz AG, weshalb es sich dabei aus Sicht der Müller GmbH nicht um Nebenleistungen im Sinne von Art. 19 Abs. 4 MWSTG handeln kann. Die Firma erbringt innerhalb ihres Leistungsverhältnisses mit der Lutz AG daher die zwei nachfolgenden Leistungen:

1. Beförderung der Presse von Deutschland in die Schweiz
Bei der Beförderung der Presse ist mehrwertsteuerrechtlich von einer Dienstleistung (Beförderungsleistung) auszugehen, die dem Empfängerortsprinzip gemäss Art. 8 Abs. 1 MWSTG unterliegt. Beim Entlad ist von einer Nebentätigkeit des Logistikgewerbes bzw. von einer Nebenleistung der Beförderungsleistung (Hauptleistung) auszugehen, weshalb diese das mehrwertsteuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (Art. 19 Abs. 4 MWSTG).

Weil der Leistungsempfänger (Lutz AG) der Müller GmbH Beförderungsleistung in Deutschland ansässig ist, gilt diese Leistung gemäss Art. 8 Abs. 1 MWSTG als im Ausland erbracht und unterliegt daher nicht der Schweizer Mehrwertsteuer.

2. Einbringen in die Halle und Grobmontage der Presse
Bei der Einbringung der Presse in die Halle und deren Grobmontage ist aufgrund des enormen Zeitaufwandes und der benötigen speziellen Montageausrüstung von eigenständigen werkvertraglichen Lieferungen (Montageleistungen) auszugehen, die gemäss Art. 7 Abs. 1 Bst. a MWSTG als im Inland erbracht gelten.

Die Müller GmbH erbringt demnach in der Schweiz werkvertragliche Lieferungen für die Lutz AG, für die keine Steuerbefreiung (Art. 23 MWSTG) anwendbar ist und welche daher grundsätzlich zum Normalsatz (derzeit 7.7%) steuerbar sind.

Steuerpflicht & weiteres Vorgehen

Weil das Unternehmen zudem einen weltweiten Umsatz von mehr als CHF 100’000 pro Jahr aus steuerbaren Leistungen erzielt, wird die obligatorische Mehrwertsteuerpflicht des Unternehmens gestützt auf Art. 10 MWSTG mit der Erbringung dieser werkvertraglichen Lieferungen ausgelöst.
Die ESTV bittet daher die Müller GmbH einen Schweizer Steuervertreter zu bestimmen und die Eintragung im Schweizer Mehrwertsteuerregister zu veranlassen.
Nach erfolgter Eintragung im Mehrwertsteuerregister darf die Müller GmbH der Lutz AG grundsätzlich eine Rechnung für die werkvertraglichen Lieferungen ausstellen, welche die Schweizer Mehrwertsteuer ausweist. Hingegen ist auf der Beförderungsleistung auch nach erfolgter Eintragung im Mehrwertsteuerregister kein Ausweis der Schweizer Mehrwertsteuer vorzunehmen, da diese Leistung im vorliegenden Fall als im Ausland erbracht gilt (vgl. oben). Müller GmbH schuldet im Hinblick auf den vorliegend beurteilten Sachverhalt die Schweizer Mehrwertsteuer gegenüber der ESTV demnach nur auf dem Umsatz im Zusammenhang mit den inländischen werkvertraglichen Lieferungen.Ihr Ansprechpartner bei der cmt ag

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