Praxisanpassung MWSTG infolge Bitcoin & Co.

Praxisanpassung MWSTG infolge Bitcoin & Co.

12. November 2018

Zunehmend mehr Unternehmen akzeptieren Kryptowährungen als Zahlungsmittel – und sogar bei manchen Behörden werden Kryptowährungen wie Bitcoin für die Begleichung öffentlicher Abgaben angenommen. Dabei ist vielen die konkrete Funktionsweise von Kryptowährungen nicht völlig klar, und auch Steuerverwaltungen mühen sich, diese neue Entwicklung steuerlich richtig einzuordnen. Am 21. Juni 2018 hat die ESTV einen ersten Entwurf zur Anpassung ihrer mehrwertsteuerlichen Praxis in Bezug auf Kryptowährungen veröffentlicht. Der erste Entwurf stellt ein Arbeitspapier der ESTV dar, welches dem MWST-Konsultativgremium sowie den interessierten Kreisen zur Praxis-Konsultation unterbreitet wird. Der Inhalt des Entwurfs kann dementsprechend von der endgültigen Fassung einer Publikation abweichen und entfaltet keine rechtsverbindliche Wirkung. Gleichwohl kann darin eine Tendenz erkannt werden, wie die ESTV mehrwertsteuerlich mit Kryptowährungen umzugehen beabsichtigt.

Allgemein
Kryptowährungen sind Werteinheiten (Coins/Token), die innerhalb eines Computernetzwerks auf einer Blockchain generiert werden. Je nach Verwendungszweck wird zwischen bestimmten Token-Kategorien unterschieden:

Payment Token
Unter die Zahlungstoken (Payment Token) fallen die «reinen» Kryptowährungen wie beispielsweise Bitcoin. Hierbei handelt es sich um Token, welche ausschliesslich als Zahlungsmittel für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen akzeptiert werden oder der Geld- und Wertübertragung dienen sollen. Die ESTV beabsichtigt, Payment Token den gesetzlichen Zahlungsmitteln gleichzustellen. Voraussetzung ist, dass diese keinem weiteren Zweck als der Verwendung als Zahlungsmittel dienen. Um den entsprechenden Umsatz gegenüber der ESTV abzurechnen, hat der Steuerpflichtige das Entgelt in Kryptowährung zum Zeitpunkt der Leistungserbringung bzw. Rechnungsstellung zum Tageskurs in eine gesetzliche (in- oder ausländische) Währung umzurechnen. Zudem gilt es bei Belegen/Rechnung in Kryptowährung das Entgelt für die Leistung sowie den entsprechenden Mehrwertsteuerbetrag zusätzlich in einer gesetzlichen Währung auszuweisen. Die Umrechnung kann anhand «geeigneter» Portale erfolgen. Für bestimmte Kryptowährungen veröffentlicht die ESTV zudem Tageskurse.

Utility und Asset Backed Token
Die Nutzungstoken (Utility Token) sollen Zugang zu einer digitalen Nutzung oder Dienstleistung vermitteln und können daher sehr individuell ausgestaltet sein. Im Fokus steht die Realerfüllung eines Anspruchs auf Zugang zur digitalen Nutzung oder Dienstleistung.
Als Anlagetoken (Asset Backed Token) sind Token zu verstehen, die Vermögensrechte repräsentieren. Es wird grundsätzlich zwischen Eigen- oder Fremdkapitaltoken unterschieden. Dabei sind Fremdkapitaltoken aus Sicht des Token-Emittenten wie schuldrechtliche Verbindlichkeiten zu verstehen, welche insbesondere das Rückgaberecht beinhaltet. Eigenkapitaltoken vermitteln grundsätzlich Anteile am Kapital oder Gewinn des Token-Emittenten und erfüllen daher die Funktionen von Aktien oder Obligationen.
Die ESTV beabsichtigt, die entgeltliche Übertragung und Vermittlung von Token, die ein Anrecht auf eine zusätzliche Leistung verkörpern (Utility oder Asset Backed Token), entsprechend der im Token repräsentierten Leistung zu qualifizieren (z.B. die entgeltliche Übertragung eines Token, der ein Anrecht auf einen Gewinnanteil am Betriebsergebnis des Token-Emittenten gibt, qualifiziert als von der Steuer ausgenommene Finanzdienstleistung).

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Mining von Kryptowährungen
Mining besteht in der Zurverfügungstellung beziehungsweise im Einsatz von Rechenleistung zur Transaktionsverarbeitung, wodurch innerhalb einer Blockchain neue Einheiten einer Kryptowährung erzeugt werden. Für das Errechnen erhält der sogenannte «Miner» eine Abgeltung («Block-Reward») in Form von Kryptowährungen. Zudem kommt dem Miner für sämtliche im geschürften Block enthaltenen Transaktionen eine Transaktionsgebühr zu. Sie wird in der Regel vom Versender einer Transaktion bezahlt und hängt unmittelbar mit der Überweisung einer bestimmten Einheit der Kryptowährung zusammen. Hinsichtlich des Block-Rewards (d.h. des Entgelts für die Schaffung neuer Einheiten einer Kryptowährung) liegt nach Auffassung der ESTV mangels bestimmter oder bestimmbarer Leistungsempfänger kein Leistungsverhältnis vor, weshalb keine MWST abzuliefern ist. Bei reinen Payment Token hingegen stellt die Transaktionsgebühr, die der Miner vereinnahmt, hingegen ein Entgelt für eine steuerausgenommene Leistung dar – sofern die entsprechende Kryptowährung ausschliesslich Währungs-/Zahlungsfunktion hat.

Handelsplattformen
Der Umtausch von gesetzlichen Zahlungsmittel in Kryptowährung und umgekehrt stellt einen mehrwertsteuerrechtlich nicht relevanten Austausch von Zahlungsmitteln dar («Nichtumsatz»). In diesem Zusammenhang erhobene Kommissionen oder Gebühren seien als von der Steuer ausgenommene Leistungen zu qualifizieren. Für Betreiber einer Handelsplattform soll die Steuerausnahme keine Anwendung finden, sofern lediglich ein technischer Marktplatz zum Handel von Kryptowährungen zur Verfügung gestellt werden. In diesem Fall liegt eine steuerlich relevante Dienstleistung nach dem Empfängerortsprinzip vor. Diese Bestimmung gilt gleichermassen für die Aufbewahrung/Verwahrung von Kryptowährung durch einen Dritten auf einem elektronischen Speichermedium (Wallet).

MWST-Praxis weiterhin unschlüssig
Sowohl die Blockchain-Technologie als auch die Kryptowährungen stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung. Gleiches lässt sich für die nur sehr zögerliche Reaktion der Steuerbehörden auf diesen Trend sagen. Mit dem nun veröffentlichten Entwurf zur mehrwertsteuerlichen Praxis in Zusammenhang mit Kryptowährungen greift die ESTV nun zumindest einige wichtige Punkte auf. Gleichwohl bleiben auch bei diesem Entwurf noch zahlreiche Fragen offen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese spannende Technologie und die Steuerverwaltung weiterentwickeln.

 

Autoren: Christoph Drexl, Manager Indirect Tax Services bei EY und Michel Hürlimann, Consultant der Ernst & Young AG.

 

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