MWST Update 1/2019

MWST Update 1/2019

10. März 2019

Der zugelassene Wirtschaftsbeteiligte in der EU und in der Schweiz

Vor allem Unternehmen aus der EU fordern von ihren Schweizer Lieferanten immer öfter eine AEO-Zertifizierung oder eine entsprechende Sicherheitserklärung. Damit stellen sich für viele Unternehmen die Fragen, von welchen Vorteilen sie als AEO profitieren können, ob sich dieser Status für die eigene Firma lohnt und ob der AEO-Status vielleicht sogar dringend notwendig ist.

Der Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten – AEO

Die Sicherheit bei internationalen Waren- und Dienstleistungslieferketten und die damit verbundenen gesetzlichen Vorschriften für den grenzüberschreitenden Güterverkehr werden vor allem nach den Ereignissen des 11. September 2001 immer wieder diskutiert. Nach den USA haben auch zahlreiche weitere Länder Bestimmungen zur Sicherung der Lieferketten erlassen. In diesem Zusammenhang führte die Europäische Union (EU) in den Jahren 2005 und 2006 den Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (Authorised Economic Operator, AEO) im Rahmen des Unionzollkodex und dessen Durchführungsverordnung ein. Seit 2009 ist die Schweiz durch das neue Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit in den Sicherheitsraum der EU integriert. Basierend darauf hat die Schweiz unter anderem den AEO-Status eingeführt. Vor allem Unternehmen aus der EU fordern von ihren Schweizer Lieferanten immer öfter eine AEO-Zertifizierung oder eine entsprechende Sicherheitserklärung. Damit stellen sich für viele Unternehmen die Fragen, von welchen Vorteilen sie als AEO profitieren können, ob sich dieser Status für die eigene Firma lohnt und ob der AEO-Status vielleicht sogar dringend notwendig ist.

Ein „zugelassener Wirtschaftsbeteiligter“ besitzt einen speziellen Status: Er gilt in einer internationalen Lieferkette als besonders zuverlässiger und vertrauenswürdiger Geschäftspartner, weil er gewisse Sicherheitsstandards einhält, die von der zuständigen Zollbehörde überprüft wurden. Mittels AEO-Zertifizierung durch die zuständige Zollverwaltung können Wirtschaftsbeteiligte (Art. 5 Ziff 5 UZK: “ ‚Wirtschaftsbeteiligter‘ ist eine Person, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit mit Tätigkeiten befasst ist, die durch die zollrechtlichen Vorschriften abgedeckt sind.“) bestimmte Vergünstigungen im Rahmen der Zollabfertigung beanspruchen. Das AEO-System soll die Unternehmen ermutigen, die Einhaltung der Zollvorschriften zu gewährleisten und die Sicherheit in ihrer internationalen Lieferkette vom Hersteller einer Ware bis zu den Endverbrauchern zu erhöhen. Im Austausch dazu soll die Effizienz der Lieferkette verbessert und sollen letztendlich die Kosten gesenkt werden.

AEO-Bewilligungsarten in der EU

Der Status des zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten kann in der EU seit dem 1. Januar 2008 in drei Varianten bewilligt werden:

  • AEO-Zertifikat „Zollrechtliche Vereinfachungen“ (AEOC)
  • AEO-Zertifikat „Sicherheit“ (AEOS)
  • AEO-Zertifikat „Zollrechtliche Vereinfachungen + Sicherheit“ (AEOF)

Sämtliche an einer internationalen Lieferkette Beteiligten (Hersteller, Ausführer, Spediteur, Lagerhalter, Zollagent, Beförderer, Einführer und sonstige) mit Ansässigkeit im Zollgebiet der Union können sich den AEO-Status zertifizieren lassen. Die Kriterien sind für alle Wirtschaftsteilnehmer gleich. Der Status kann aber nicht einem ganzen Konzern, sondern nur je einem einzelnen Unternehmen verliehen werden.

Gegenseitige internationale Anerkennung

Die gegenseitige Anerkennung des AEO-Status über die Grenzen der Europäischen Zollunion hinaus ist ein Schlüsselelement des SAFE Framework of Standards to Secure and Faciliate Global Trade (Das SAFE Framework of Standards to Secure and Facilitate Global Trade wurde im Juli 2005 als Rahmenabkommen von der Weltzollorganisation (WZO) ins Leben gerufen, um den globalen Warenverkehr sicherer zu machen. Der Warenverkehr soll dabei aber nicht behindert, sondern eher vereinfacht werden. Das Abkommen sieht insbesondere die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Zollverwaltungen in Bezug auf den Informationsaustausch sowie die gegenseitige Anerkennung von Kontrollen und des AEO-Status vor und will die gegenseitige Amtshilfe stärken. Des Weiteren fördert es eine bessere Zusammenarbeit zwischen Zollverwaltung und Unternehmen sowie einen reibungslosen Warenverkehr durch einen sicheren internationalen Handel.) der Weltzollorganisation. Die EU hat die gegenseitige Anerkennung des AEO-Status mit Norwegen, der Schweiz, Japan, Andorra, den USA und China abgeschlossen. Weitere Verhandlungen mit anderen wichtigen Handelspartnern (z.B. Kanada) laufen derzeit oder werden in naher Zukunft aufgenommen.

Der AEO-Status in der Schweiz

Während in der EU drei Bewilligungsvarianten möglich sind, kennt die Schweiz lediglich einen AEO-Status, welcher mit dem AEOS-Zertifikat (Sicherheit) der EU zu vergleichen ist. Ein AEOC-Zertifikat als Basis für weitere Bewilligungen ist in der Schweiz nicht nötig, da man an den spezifischen Bewilligungen (z.B. zugelassener Empfänger/Versender oder ermächtigter Ausführer) festhält.

Der AEO nach Schweizer Recht kann seit 1. Juni 2011 durch Gesellschaften beantragt werden, die entweder im schweizerischen Handelsregister oder im liechtensteinischen Öffentlichkeitsregister eingetragen sind und somit Ansässigkeit in einem dieser Staatsgebiete haben. In der Schweiz bzw. in Fürstentum Liechtenstein ansässige Firmen können den AEO-Status nur von der Eidgenössischen Zollverwaltung, nicht aber von einer europäischen Zollbehörde bewilligt bekommen.

Die Schweiz ist bestrebt, Vereinbarungen über die gegenseitige Anerkennung mit Ländern abzuschliessen, die ein gleichwertiges Programm vorsehen. Im Moment bestehen Abkommen mit der EU seit 1. Januar 2011, mit Norwegen seit 1. Juli 2017 und China seit 1. September 2017. Demnächst sollen auch Japan, die USA und weitere Länder folgen.

Ausblick: AEO – quo vadis?

Gemäss der Idee der Weltzollorganisation („WZO“) soll in Zukunft der AEO-Status in jedem Vertragsstaat – momentan 182 nationale Zollverwaltungen – eingeführt werden. Bereits heute existiert der Status nicht mehr nur in der EU, sondern namentlich auch z.B. in der Schweiz, Japan, Norwegen, China, den Vereinigten Staaten, Neuseeland, Kanada, Brasilien und weiteren Ländern. Die übrigen Mitgliedstaaten der WZO werden wahrscheinlich dem Beispiel folgen und den Status einführen sowie anschliessend bilaterale Abkommen für die gegenseitige Anerkennung abschliessen. Der AEO-Status wird sich damit im globalen Handel als Standard etablieren. International tätigen Unternehmen ohne AEO-Zertifikat wird es über kurz oder lang nicht mehr möglich sein, den Anforderungen zu genügen. Vermutlich wird dann den Schweizer Unternehmen ihr generell anerkannter Ruf als sichere Geschäftspartner in der internationalen Lieferkette leider auch nicht mehr genügen. Es besteht die reale Gefahr, dass nicht AEO-zertifizierte Unternehmen von potenziellen Geschäftspartnern in Zukunft als zweite, wenn nicht sogar als letzte Wahl berücksichtigt werden. Des Weiteren könnten auch Anliegen der nicht zertifizierten Unternehmen von den Zollbehörden nachrangig bearbeitet werden. Dies wäre vor allem für die Lebensmittelindustrie, bei welcher die Zeit aufgrund der begrenzten Haltbarkeit der Ware von entscheidender Bedeutung ist, sehr problematisch. Da der AEO-Status in Zukunft immer wichtiger zu werden scheint, sollten Unternehmen bereits heute prüfen, ob für sie die Zertifizierung sinnvoll ist und ob sie das aufwendige Verfahren durchlaufen können und wollen. Wenn etwas an einer internationalen Lieferkette wichtig ist, dann ist es doch die sichere und schnelle Zollabwicklung an den Grenzen.

 

Autorin: Anita Machin Barros, MLaw, dipl. Steuerexpertin, CAS FH in Zollrecht

 

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