Arbeitsbewilligungen für Europäer

Arbeitsbewilligungen für Europäer

13. Februar 2020

Die Personalrekrutierung im Ausland kann für die Besetzung vakanter Stellen eine geeignete Strategie sein. Um Komplikationen mit den Behörden zu vermeiden, sollten jedoch die richtigen Schritte zeitgerecht eingeleitet werden.

Einleitung

In der Schweiz herrscht in vielen Berufsgruppen bekanntlich ein Fachkräftemangel. Unternehmen rekrutieren daher vermehrt auch Arbeitskräfte aus der Europäischen Union (EU) und der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). In der Praxis stellt sich dabei oft die Frage, wie lange die Arbeitskräfte in der Schweiz eingesetzt werden können und wie man bei deren Anmeldung in der Schweiz vorgehen soll.

Freizügigkeitsabkommen

Grundsätzlich wird Staatsangehörigen der EU-Mitgliedstaaten – gestützt auf das bilaterale Freizügigkeitsabkommen – das Recht auf Einreise, Aufenthalt und Arbeitsaufnahme in der Schweiz eingeräumt. Von diesem Recht profitieren seit Juni 2002 auch Angehörige der EFTA-Staaten. Um in der Schweiz erwerbstätig zu sein, ist für EU-/EFTA-Bürger daher auch keine Arbeitserlaubnis notwendig. Sie müssen jedoch über eine Aufenthaltserlaubnis und einen Arbeitsvertrag mit einer Schweizer Gesellschaft verfügen, um in der Schweiz bleiben zu dürfen und erwerbstätig zu sein.

Bewilligungsarten

Um Arbeitnehmer aus dem EU-/EFTA-Raum zu beschäftigen, bedarf es unter anderem eines gültigen Arbeitsvertrages zwischen dem ausländischen Arbeitnehmer und einem Schweizer Unternehmen.

Die Art der Aufenthaltserlaubnis wird der Dauer des im Arbeitsvertrag vereinbarten Anstellungsverhältnisses entsprechend erteilt. Das bedeutet, dass EU-/EFTA-Bürger mit einem gültigen Schweizer Arbeitsvertrag, der unbefristet oder für mindestens ein Jahr gültig ist, eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeit von mindestens fünf Jahren erteilt bekommen. Sie erhalten somit den Titel eines Aufenthalters (Ausweis B) in der Schweiz. Diese Aufenthaltserlaubnis kann nach Ablauf der fünf Jahre verlängert werden, sofern das Arbeitsverhältnis weiterbesteht.

EU-/EFTA-Bürger mit Arbeitsverträgen, welche für den Zeitraum von mehr als drei Monaten, aber weniger als einem Jahr geschlossen wurden, erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, die exakt der Dauer des Arbeitsverhältnisses entspricht. Diese Aufenthaltsbewilligung entspricht derjenigen eines Kurzaufenthalters (Ausweis L).

Die erteilte Aufenthaltserlaubnis ist kantonsübergreifend wirksam und somit für die ganze Schweiz gültig. Der Stellen- oder Kantonswechsel eines Arbeitnehmers ist nicht bewilligungspflichtig.

Ein Einsatz in der Schweiz mit einer Dauer von höchstens 90 Tagen innert eines Kalenderjahrs hingegen bedarf keiner Aufenthaltserlaubnis. Hier muss der Arbeitgeber die Tätigkeit der ausländischen Person über das Online-Meldeverfahren bei der kantonalen Arbeitsmarktbehörde spätestens acht Tage vor Arbeitsbeginn (bzw. eine Tag vor Arbeitsbeginn bei kurzfristigen Einsätzen) anmelden. Die maximale Einsatzdauer von 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres gilt einerseits pro Betrieb und andererseits pro Arbeitnehmer.

Für Grenzgänger ist bei der Bewilligungserteilung ebenso die vereinbarte Einsatzzeit in der Schweiz entscheidend. Der Unterschied zum Titel des Aufenthalters oder Kurzaufenthalters ist, dass ein Grenzgänger in einem EU-/EFTA-Staat lebt und zum Arbeiten in die Schweiz kommt. Ein Grenzgänger muss mindestens einmal wöchentlich die Schweiz verlassen und an seinen ausländischen Hauptwohnsitz innerhalb des EU-/EFTA-Raums zurückkehren.

Anmeldung in der Schweiz

Der Arbeitnehmer muss sich in jedem Fall innerhalb von 14 Tagen nach der Einreise bei der Wohngemeinde anmelden. Um in der Schweiz zu arbeiten, müssen bei der Anmeldung in der Wohngemeinde die folgenden Unterlagen vorgelegt werden: gültige Identitätskarte oder gültiger Pass, Arbeitsvertrag mit einer Schweizer Gesellschaft, Mietvertrag für die Unterkunft in der Schweiz, und je nach Wohngemeinde wird bereits ein Krankenversicherungsnachweis gefordert.

Krankenversicherungspflicht

Grundsätzlich müssen sich alle in der Schweiz erwerbstätigen Personen innerhalb von drei Monaten nach Arbeitsaufnahme der obligatorischen Grundversicherung bei einer Krankenversicherung nach Wahl anschliessen. Dazu gehören auch EU-/EFTA-Bürger mit einer Kurzaufenthaltsbewilligung oder einer Aufenthaltsbewilligung sowie Grenzgänger.

Ausnahme Kroatien

Im Gegensatz zu Staatsbürgern der EU-27/EFTA-Länder ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für Arbeitnehmer aus Kroatien bewilligungspflichtig. Sie benötigen zwingend eine Arbeitsbewilligung, selbst wenn sie eine Erwerbstätigkeit von maximal drei Monaten ausüben wollen.

Um eine Arbeitsbewilligung zu erhalten, bedarf es eines offiziellen Gesuchs seitens des Arbeitgebers. Dabei muss nachgewiesen werden, dass der Inländervorrang nach Art. 21 des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) gewahrt wurde. Es muss dargelegt werden, dass die Rekrutierungsbemühungen aus dem inländischen Arbeitsmarkt und im EU-27/EFTA-Raum erfolglos waren und keine geeignete Arbeitskraft mit entsprechender Qualifikation gefunden werden konnte. Stellen können nur von kroatischen Staatsbürgern besetzt werden, wenn sie Führungskräfte, Spezialisten oder andere hoch qualifizierte Arbeitskräfte gemäss Art. 23 Abs. 1 AIG den orts-, berufs, oder branchenüblichen Lohn- und Arbeitsbedingungen entsprechen.

Hinzu kommt, dass die Zahl der Arbeitsbewilligungen für kroatische Staatsangehörige im Sinne von Art. 20 AIG mit jährlicher Höchstzahlen begrenzt ist. Diese Höchstzahlen werden vom Bundesrat festgelegt und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Kantone und des gesamtwirtschaftlichen Interesses im Sinne von Art. 3 AIG an die Kantone verteilt.

Kroatische Staatsangehörige, die eine Grenzgängerbewilligung beantragen möchten, müssen in einer ausländischen Grenzzone wohnhaft und in der Schweizer Grenzzone arbeiten. Die Grenzzonen sind in den bilateralen Grenzgängerabkommen mit den Nachbarstaaten definiert. Die Grenzgängerbewilligung ist kontingentfrei. Demnach prüfen die Behörden hier lediglich die Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie den Inländervorrang.

Brexit

Das Vereinigte Königreich hat 2016 bekannt gegeben, aus der EU austreten zu wollen. Da die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich durch die bilateralen Abkommen geregelt werden, hat der Austritt auch Konsequenzen für die Schweiz.

Nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU werden das Freizügigkeitsabkommen und somit auch die dadurch abgeleiteten Rechte nicht mehr für Staatsbürger des Vereinigten Königreiches gelten. Im Rahmen der „Mind the Gap“-Strategie haben die Schweiz und das Vereinigte Königreich mehrere Abkommen unterzeichnet, welche die möglichst friktionslose Weiterführung der Beziehungen nach dem Brexit garantieren sollen. Das Abkommen über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger wurde am 25. Februar 2019 für den Bereich Migration geschlossen. Es soll beim Wegfall der Personenfreizügigkeit die Rechte von Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs, die sie gemäss Freizügigkeitsabkommen bereits erworben haben, schützen. Zu diesen Rechten gehören beispielsweise Aufenthaltsansprüche, die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen oder auch Sozialversicherungsansprüche. Dasselbe soll auch für Schweizer Bürger im Vereinigten Königreich gelten. Für den Fall eines ungeordneten Austritts hat der Bundesrat überdies separate Kontingente für Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs beschlossen und ein befristetes Auffangabkommen abgeschlossen, um den gegenseitigen Zugang zum Arbeitsmarkt zu sichern.

Fazit

Das Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und der Schweiz erleichtert Arbeitnehmern aus EU-/EFTA-Staaten den Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt erheblich und erlaubt es Arbeitgebern, rasch, flexibel und ohne grösseren administrativen Aufwand Fachkräfte aus dem EU-/EFTA-Raum zu rekrutieren. Arbeitnehmer dürfen in die Schweiz einreisen und können sich bei der Wohngemeinde mit den erforderlichen Dokumenten anmelden, um eine Aufenthaltsbewilligung zu erhalten. Als Unternehmen kann man zudem mittels Arbeitsvertrag wesentlich beeinflussen, welche Arbeitsbewilligung für welche Zeitspanne erteilt wird. Eine Ausnahme unter den EU-Bürgern bilden die kroatischen Staatsangehörigen, welche an strengere Zulassungsbedingungen und eine Kontingentierung gebunden sind.

Quelle: WEKA Newsletter,  Autoren: Urs Haegi, Biljana Vasic

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