AHV – Dividende zu Lohn
27. August 2015Bundesgerichtsentscheid am 8. April 2015.
Die von den Ausgleichskassen in jüngerer Zeit systematisch vorgenommene Umqualifizierung von Dividenden zu Lohn hat in einem Aufsehen erregenden Fall vor Bundesgericht keinen Schutz gefunden. Fazit: Die Umqualifizierung soll Ausnahmefall bleiben!
Die willkürliche Praxis der Ausgleichskassen, von einer ihrer Ansicht nach zu hohen Dividende direkt auf einen offenbar zu niedrigen Lohn zu schliessen und Teile der Dividende der AHV-Beitragspflicht zu unterstellen, hat ein Ende.
Das Bundesgericht hat seinem Urteil vom 8. April 2015 (9C_837/2014) dieser gesetzeswidrigen Praxis eine klare Absage erteilt. Wenn der Lohn für die konkrete Arbeitsleistung als angemessen erscheint und auch steuerlich so akzeptiert wird. bleibt kein Raum, um eine als hoch empfundene Dividende umzuqualifizieren, denn die erwähnten Voraussetzungen für eine Abweichung von der Qualifikation der Einkommensbestandteile durch die Steuerbehörde müssen nach der Rechtsprechung kumulativ erfüllt sein. Das Urteil des Bundesgerichts ist kurz und knapp ausgefallen: Es muss ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der Arbeitsleistung und dem hierfür bezogenen Entgelt bestehen. Das Bundesgericht bestätigt seine früher schon gemachte Feststellung, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Entschädigung der Gesellschaft ein erheblicher Ermessensspielraum zustehe und, dass es weder den Steuer- noch den AHV-Behörden zustehe, die Angemessenheit frei zu überprüfen. Vielmehr dürfe dies nur dann geschehen, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entlohnung bestehe.
Missbräuchliche Lohngestaltungen bleiben angreifbar
Damit hat das Bundesgericht unausgesprochen den Missbrauchsfall im Visier. Die Höhe der Entschädigung ist unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Faktoren im Drittvergleich zu prüfen; es bleibt also für die Ausgleichskasse kein Spielraum, ihre eigenen Vorstellungen von einem „richtigen“ Lohn durchzusetzen. Die Bandbreite, innert derer sich der angemessene Lohn bewegt, wird relativ gross und lässt nach Meinung des Verfassers auch zu, dass ein Unternehmer aus betriebsinternen Gründen Zurückhaltung bei der Bemessung seines Lohnes übt, um nicht in die Verlustzone abzurutschen. Wenn er dann nach einigen Jahren gleichwohl eine Substanzdividende entnehmen kann, sollte das unschädlich sein, weil der in der Vergangenheit bezahlte Lohn angesichts der betrieblichen Umstände und im Hinblick auf eine kontinuierliche Unternehmensentwicklung bei objektiver Betrachtungsweise nicht offensichtlich unangemessen niedrig war.
Grundsätzlicher Fingerzeig an die Auslgeichskassen
Das Urteil ist auch in grundsätzlicher Hinsicht erfreulich, weil es den Ausgleichskassen klar macht, dass deren Handeln eben doch noch an Gesetz und Praxis gebunden bleiben muss und das wenig Raum für kreative Methoden zur Erhöhung des Beitragssubstrats besteht. Allerdings wäre dieses Urteil eigentlich überflüssig gewesen, wenn die Ausgleichskassen sich an die bereits bekannten Vorgaben und an die Weisung des Bundesamtes gehalten hätten. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Ausgleichskassen diesen Hinweis des Bundesgerichts ernst nehmen und in ihrer Praxis künftig auf kreative Sololäufe verzichten.
Quelle: TREX Der Treuhandexperte 4/2015 Fachbeiträge_articles spécialisés.